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Nachdem die Bausubstanz des alten Türkenwirtgebäudes TÜWI wirtschaftlich nicht sanierungsfähig war, wurde der Bestand im Sommer 2016 abgebrochen und innerhalb von zwei Jahren neu errichtet. Das Gebäude erhielt aufgrund umfangreicher Maßnahmen die Nachhaltigkeitszertifizierung ÖGNI Platin und ist damit das erste Bildungsgebäude des Landes, das in allen geprüften Kriteriengruppen die beste Qualitätsstufe erzielen konnte. Das Ziel der BOKU und der BIG war es, mit dem Neubau des TÜWI-Gebäudes ein Leuchtturmprojekt für nachhaltiges und Lebenszyklus-optimiertes Bauen umzusetzen.

Eckdaten des Projekts

  • Projektdauer: Baubeginn Juni 2016, Übergabe Juni 2018
  • Beschaffungsvolumen: Rund EUR 20 Mio. (Investitionskosten)
  • Projektträger: BIG Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H

Ausgangssituation

Am Standort Türkenschanze konzentrieren sich die BOKU-Kompetenzen rund um Nachhaltigkeit und globalen Wandel und damit auch ein Großteil der rund 11.500 Studierenden. Zwar war die Zufriedenheit der Studierenden mit der BOKU hoch, dennoch war das Platzproblem ein drängendes. Nachdem die Bausubstanz des alten "TÜWI" wirtschaftlich nicht sanierungsfähig war, wurde der Bestand im Sommer 2016 abgebrochen. Mit dem Neubau des Türkenwirtes ergab sich die Chance, ein für die BOKU zentrales Gebäude mit großem Auditorium, Mensa, ÖH, dem TÜWI-Verein und übergreifenden wissenschaftlichen Plattformen auf der Türkenschanze zu schaffen. Besondere Sorgfalt galt der Definition und Integration eines neuen Baukörpers in die bestehende städtebauliche Situation. Der Neubau orientiert sich an den bestehenden Traufhöhen (Tropfkanten am Dach eines Gebäudes) der Nachbarliegenschaften an der Peter Jordan-Straße.

Innovativer Charakter

Nach den Plänen von Baumschlager Hutter ZT GmbH besteht der Neubau des TÜWI aus einem rechtwinkelig angelegten Bau mit drei Obergeschossen im Bereich Peter-Jordan-Straße/ Dänenstraße und einem zweigeschossigen Teil zur Nedergasse im Norden. Ein partiell abgesenkter Hof bringt Tageslicht in eines der beiden Untergeschosse und ermöglicht so die Anordnung von weiteren Lern- und Aufenthaltsräumen auf dem „begrenzten“ Grundstück. Das Freiraumkonzept bietet neben Fahrradabstellplätzen, einer Fahrradwerkstatt und zwei separaten Gastgärten für die Mensa und dem TÜWI-Lokal im abgesenkten Hof, auch die Möglichkeit der Abhaltung von Freiluftklassen im sogenannten Blockgarten. Dieser ist ein schattiger wilder Garten mit modellierten Bereichen zwischen Steinquadern und Findlingen aus der geologischen Sammlung, der durch den alten Baumbestand sowie Neupflanzungen von verschiedenen Ahorn-Arten gegliedert ist.

Bei der Konstruktion handelt es sich um einen Stahlbetonskelettbau mit Holzelementfassade. Die Voraussetzung war der bewusste Einsatz von Stahlbeton und seinen Eigenschaften an den Positionen des Gebäudes, an denen er entweder aus statischen Gründen die Trag- bzw. Aussteifungsfunktion übernimmt und/oder als Speichermasse für die Bauteilaktivierung von Nöten ist. Somit konnte auch in Kombination mit Leichtbauelementen innerhalb der Struktur eine Nutzungsneutralität geschaffen werden, mit der Möglichkeit einer späteren Umnutzung.

Das Gebäude ist mit umfangreichen Maßnahmen bezüglich Energieeffizienz ausgestattet. So wird unter anderem über eine Wärmepumpe Erdwärme zur Heizung und Kühlung genutzt. Anlagen für Photovoltaik (Sonnenstrom) und Solarthermie (Sonnenwärme) im Flachdachbereich wurden installiert und das Gebäude an die Fernwärme angeschlossen. Für gutes Raumklima sorgen die Holzfassade sowie die Fassadenbegrünung im Innenhof und hängende Gärten im Inneren.

Vorgehensweise

Der Neubau Türkenwirt kann allgemein als Prozess an Ideenfindungen und Konzepten von verschiedenen Nutzern und den umliegenden Betroffenen verstanden werden, der weit vor der Wettbewerbs-Ausschreibung begann, und letztendlich als ineinander verwobene Einheit in Form des heutigen Gebäudes realisiert wurde.  Neben einer Öffentlichkeitbeteiligung von der Universität für Bodenkultur, entwickelte sich auch bereits bei der Ausarbeitung des Zielkatalogs für die Anforderungen des neuen Gebäudes eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Bauherrn (BIG) und dem Hauptnutzer (BOKU), sowie weiterer künftiger Nutzergruppen, wie unter anderem der ÖH oder dem Betreiber des TÜWI-Lokals. Diese starke Partizipation wurde im Zuge des Planungsprozesses in allen Leistungsphasen mit regelmäßigen Nutzerabstimmungstreffen beibehalten.

Das Ziel der BOKU und der BIG war es, mit dem Neubau des TÜWI-Gebäudes ein Leuchtturmprojekt für nachhaltiges und Lebenszyklus-optimiertes Bauen umzusetzen. Dementsprechend wurde das Projekt bereits im Vorentwurf und Entwurf im Hinblick der ÖGNI Kriterien vom Hauptnutzer geprüft und entsprechende Auflagen formuliert. Dabei trat die BOKU nicht nur als künftiger Nutzer, sondern auch als Berater mit unterstützender Funktion, sowie als Überwacher des Prozessfortschritts auf.

Ergebnis und Mehrwert

Die Universität für Bodenkultur versteht sich als „Universität der Nachhaltigkeit“ und beabsichtigte mit dem Neubau ein Projekt umzusetzen, das nicht nur den Bereich Ökologie, sondern gleichgewichtet auch Ökonomie und sozialfunktionale Aspekte betraf.

Durch die gestalterische Kraft der Architektur sollten die Nachhaltigkeitskriterien Energieeffizienz, ökologische Baustoffe, Innenraumklima, Funktionalität, Gebäudebegrünung, nachhaltiger Freiraum und Lebenszykluskosten ganzheitlich optimiert werden – unter Berücksichtigung des für die Errichtung des Gebäudes zur Verfügung stehenden Budgets.

Die angestrebte Nachhaltigkeits-Zertifizierung in höchster Qualitätsstufe konnte aufgrund umfangreicher Maßnahmen im Zuge der Planung und Umsetzung erreicht werden. Das Türkenwirtgebäude ist das erste Bildungsgebäude des Landes, das in allen geprüften Kriteriengruppen des Nachhaltigkeitszertifikats ÖGNI die beste Qualitätsstufe erzielen konnte und somit mit der höchsten Qualitätsstufe ÖGNI Platin ausgezeichnet wurde.

Das ausgeführte Projekt weist eine hochenergieeffiziente Gebäudehülle in Passivhausstandard auf, sowie verschiedene Maßnahmen, wie die Einplanung von einer Niedertemperatur Raumheizung (Betonkernaktivierung, Fußbodenheizung), einer hocheffizienten Gebäudeausstattung oder die Nutzung von Geothermie-Erdspeicher, Solarthermie für Warmwasser und Photovoltaik-Anlagen. Als Resultat konnte in der Gebäudezone mit universitärer und büroähnlicher Nutzung ein Plusenergie-Standard erreicht werden. Auch bei den Materialien wurde auf ökologische, schadstoff- und PVC-freie Produkte gesetzt.

 

Ansprechpartner

Projektmanagement BIG

DI (FH) Gert Widu

Ing. Mag. (FH) Michael Plank

 

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