Tauwettersperren betreffen alljährlich das Gesamtnetz der steirischen Gemeindestraßen. Im Gegensatz zu Landesstraßen ist der zu gering dimensionierte Unterbau der Gemeindestraßen nicht frosttau- und schmelzwassersicher. Werden die Straßen mit zu hohen Lasten bei Tauwetter befahren, sind enorme Schäden und Sanierungskosten die Folge. Die vorhandenen Messstationen zur Festlegung der Tauwettersperren waren mit Dataloggern ausgestattet, wobei das zeitaufwendige Abfahren und manuelle Auslesen der Daten nicht mehr dem Stand der Technik entsprach. Weiters waren mit dem bisherigen System negative Auswirkungen auf den Zustand der Straßen möglich, da keine Live-Daten zur tatsächlichen Situation in den Klimaregionen verfügbar waren. Ferner sind Forstdienstleister und Holzindustrie für ihre Transporte aus den Wäldern darauf angewiesen, dass die notwendige Dauer der Sperre möglichst kurz ist.
Das vorliegende Projekt hatte zum Ziel, 16 vorhandene Stationen mit einer IoT Hard- und Softwarelösung zu digitalisieren. Somit sollte der Zeit- und Kostenaufwand für das Abfahren der Stationen sinken und Fristen für Transporte der Wald- und Forstwirtschaft optimiert bzw. datenbasiert festgelegt werden.
Die angestrebten Funktionen konnten wie folgt umgesetzt werden:
- Live-Daten zur Frost/Tauwettersituation an 16 Standorten
- automatische Übertragung der Daten in die Cloud
- Auswertung und Visualisierung online verfügbar
- bestehende Sensorik wird weiterverwendet (unterirdisch verbaut)
- Archivdatenhaltung in Online Oberfläche
- Versorgung des Systems aus erneuerbaren Energiequellen
Das übergeordnete Ziel der optimierten, datenbasierten Beurteilung der Fristen für die Frost- und Tauwettersperren in den verschiedenen Klimaregionen der Steiermark konnte dank der Erfüllung sämtlicher Funktionsspezifikationen erreicht werden.
Die künftige Entwicklung sieht die laufende Nutzung des Systems und dessen Weiterentwicklung am Stand der Technik bzw. auf Grundlage von anwenderspezifischen Bedingungen vor.
Eckdaten des Projekts
- Projektdauer: 01.09.2022 - 31.08.2023
- Jahr der Umsetzung: 2022
Ausgangssituation
Im Gesamtnetz der steirischen Gemeindestraßen werden alljährliche Tauwettersperren durchgeführt. Die Feuchtigkeit hebt in Kombination mit Frost die Straßen und Hohlräume im Unterbau entstehen. Werden die Straßen dann mit zu hohen Lasten bei Tauwetter befahren, sind enorme Schäden und Sanierungskosten die Folge. Ausgenommen von der Tauwettersperre sind Lebensmitteltransporte, Einsatzfahrzeuge oder die Müllabfuhr.
Zur Unterstützung bei der Festlegung der Tauwettersperren hat die Abteilung 7 in der Steiermark Messstationen errichtet. Pro Station sind 4 Temperatursensoren in unterschiedlicher Tiefe verbaut. Die Datenaufzeichnung erfolgte bisher mit lokalen Datenloggern, die nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen und nicht mehr serviciert werden. Außerdem ist das Auslesen der Daten mit erheblichen Zeit- und Personalressourcen verbunden. So muss jede einzelne Messstation von einem Mitarbeiter angefahren, die Daten auf einen USB Stick geladen und im Büro auf den PC übertragen werden. Im nächsten Schritt erfolgt die Eintragung und Auswertung der Daten, wobei Zeitverzögerungen entstehen.
Von besonderer Bedeutung für Wirtschaft - insbesondere die Forstdienstleister und Holzindustrie - ist der Zeitraum der Sperren. In der Vergangenheit wurden die Straßen ab Mitte März für 2-3 Wochen gesperrt. In den letzten Jahren verschob sich dieser Zeitpunkt weiter in Richtung Februar, manchmal sogar in den Jänner. Erschwerend kommt hinzu, dass kurzfristige Witterungsänderungen durch das Auslesen der lokalen Datenlogger im Nachhinein nicht berücksichtigt bzw. Sperren für einzelne Tage nicht aufgehoben werden können. Die Auswirkungen besonders im Forstbereich sind umfangreich, denn weder Baumstämme noch Maschinen stehen im Wald, obwohl andere Aufträge vorhanden wären - Arbeitsleistung und Verdienst entgehen. Außerdem könnten die Forstdienstleister aufgrund der Tauwettersperre Baumstämme nicht zur Weiterverarbeitung abtransportieren.
Vorgehensweise
Zu Beginn des Projekts fand ein Kick-Off mit den Verantwortlichen der Abteilung 7 und der Firma NET-Automation statt, in dem die Ausgangslage, die Zielsetzungen und die technischen Spezifikationen besprochen wurden. Weiters wurde die Dokumentation der bisherigen Bestandssysteme evaluiert, die eine Sensorik zur Temperaturerfassung und Datenloggern umfassten. Dies war insofern relevant, als dass die Sensoren auf 4 Ebenen fix verbaut sind und daher in das neue System integriert werden sollten. Die Messung findet in 60 cm, 30 cm, unmittelbar unter der Asphaltdecke und überirdisch in Form der Umgebungstemperatur statt.
Es folgte die Umsetzungsplanung von Seiten NET-Automation für die 16 ausgewählten Standorte, die repräsentativ die verschiedenen Klimaregionen der Steiermark abbilden. Nach der Planung fand ein Abstimmungstreffen bei der Messstation Preg mit DI Armin Schlachter statt, um die Umsetzungsbedingungen direkt vor Ort zu spezifizieren. Es musste eine Auswerteplatine angefertigt werden, um die Daten der vorhandenen Sensoren verwerten zu können. Dazu waren Testreihen, die Anpassung der Widerstände und die Aufnahme von Kalibrierkurven erforderlich. Die Kalibrierung fand in einem Temperaturbereich von -30 bis +60 Grad statt.
Es folgte die Installation und Inbetriebnahme in Preg als Teststation, anschließend folgten die weiteren 15 Standorte:
- Admont
- Ebersdorf
- Eisenerz
- Hirschegg-Pack
- Kapfenstein
- Kindberg
- Leutschach
- Oberhaag
- Passail
- Preg- St. Magarethen
- Semriach
- Söding
- St. Lambrecht
- St. Margareten
- St. Peter ob Judenburg
- St. Stefan ob Stainz
Nach Abschluss der Inbetriebnahme folgte eine Testphase, in der die Gesamtfunktionalität des IoT Systems zur Tauwetterdiagnose überprüft und Optimierungen eingepflegt wurden.
Abschließend wurden die zuständigen Mitarbeiter der Abteilung 7 auf die Verwendung des Systems geschult und der Live-Betrieb startete.
Ergebnis und Mehrwert
Welche Ziele wurden erreicht?
- vollumfängliche Umsetzung der technischen Funktionsspezifika
- Ablöse der Datenlogger in Form einer Datenauswertung im Nachhinein zugunsten von Live-Daten, die rund um die Uhr online zur Verfügung stehen
- Erhöhung der Mitarbeitersicherheit durch Wegfall der Fahrten zu den peripher gelegenen Stationen, insbesondere bei winterlichen Fahrverhältnissen
- Höherqualifizierung unserer verantwortlichen Mitarbeiter durch Schulung auf eine digitale, IoT basierte Cloudlösung
- Digitale Auswertung der Daten, übersichtliche Darstellung, hohe Usability und Benutzerfreundlichkeit
- Datenbasierte Entscheidungsfindung (erhöhte Relevanz durch klimawandelbedingte Verschiebung der Zeitfenster und kurzfristige Temperaturschwankungen)
- Schutz der Gemeindestraßen vor Schäden durch zu frühes Befahren, daraus Steigerung der Gesamtsicherheit für alle Verkehrsteilnehmer (Hohlräume, Schlaglöcher)
- Wirtschaftliche Optimierung für Forstdienstleister und Holzindustrie durch zielgenaue Festlegung der Zeiträume für Straßensperren
- Förderung der nachhaltigen, regionalen Wertschöpfungskette Holz
Die Einsparungen liegen in folgenden Bereichen:
- Einsparung Zeit und Kosten durch den Wegfall des Abfahrens der Messstationen
- Einsparung Zeit und Kosten durch den Wegfall der manuellen Tätigkeiten Auslesen USB Stick, Eintragen und Auswerten sämtlicher Messwerte
- massive Einsparungen im Schutz der Gemeindestraßen vor Schäden durch zu früheres Befahren (Sanierungsmaßnahmen)
- Steigerung des wirtschaftlichen Potentials für Forstdienstleister und Holzindustrie durch zielgenaue Festlegung der notwendigen Straßensperren
Ansprechpartner
Land Steiermark